Wissensmanagement

Wissensmanagement

Wissensmanagement beschäftigt sich mit dem Erwerb, der Entwicklung, dem Transfer, der Speicherung sowie der Nutzung von Wissen.

Wissensmanagement ist weit mehr als Informationsmanagement. Information ist die notwendige Voraussetzung zur Generierung von Wissen. Deshalb kann man Informationen wie andere Güter handeln, Wissen hingegen nicht. Information ist ein Fluss von Nachrichten und bedeutet Know-what. Wissen hingegen entsteht nicht durch eine Anhäufung von Informationen, sondern erst durch die Verknüpfung der Informationen mit bereits vorhandenem Vorwissen, d.h. Know-why. 

Wissen muss auch jene Fähigkeiten umfassen, die Kommunikation und Interaktion erst ermöglichen, ohne dass sie jedoch explizit formuliert werden können. Dies führt zur Unterscheidung zwischen explizitem und implizitem Wissen.

Explizites Wissen ist formulierbares und reproduzierbares Wissen. Es kann ohne Schwierigkeiten durch eine formale, systematische Sprache vermittelt werden, etwa durch Wörter und Zahlen. Es kann in seiner Anwendung logisch nachvollzogen und beschrieben werden und stellt deshalb spezifisches oder methodisches Wissen dar.

Implizites Wissen hingegen hat eine persönliche Qualität, durch die es nur schwer formalisierbar und vermittelbar ist. Es ist verborgenes, nicht artikulierbares Wissen. Zudem ist es stark in den damit verknüpften Handlungen, Verpflichtungen und Mitwirkungen innerhalb eines spezifischen Kontextes begründet.

Wissen und damit auch implizites Wissen setzt bei den subjektiven Wahrnehmungsprozessen der Individuen an. Unternehmensinterne und -externe Informationen werden von den einzelnen Organisationsmitgliedern wahrgenommen und selektiert. Der Erwerb von Wissen kommt erst durch die Interpretation dieser Informationen und die Verknüpfung mit bereits vorhandenem Vorwissen zustande.

Individuelles, explizierbares Wissen ist ein bewusstes Wissen, das von den eigenen konzeptionellen Fähigkeiten abhängt und bewusst aktiviert werden kann, z.B. fachspezifisches Wissen. Dieses Wissen kann durch Regeln, Anweisungen oder Informations- und Kommunikationstechnologien übertragen werden.

Individuelles, implizites Wissen ist ein aktionsorientiertes Wissen und resultiert im Schwerpunkt aus bereits getätigten Erfahrungen. Dazu gehören kognitive Fähigkeiten, wie mit Konzepten und Erfahrungen umzugehen ist. Die Übertragung dieses Wissens setzt intensive Interaktionsprozesse voraus und kann nicht durch Weisungen angeordnet werden.

Explizites, kollektives Wissen wird als „encoded knowledge“ bezeichnet. Dieses Wissen besteht in Unternehmen in Form von Regeln und Verfahrensrichtlinien, die in einem Unternehmen zur Anwendung kommen. Ihren Ausdruck finden sie bspw. in organisationalen Leitbildern, Organigrammen, Führungsgrundsätzen oder in vom Unternehmen verfolgten strategischen Konzepten. Dieses Wissen ist dokumentierbar.

Implizites, kollektives Wissen wird als „embedded knowledge“ bezeichnet. Es kommt in Unternehmen vor allem in Form von organisationalen Routinen sowie von den Organisationsmitgliedern geteilten „mentalen Modellen“ vor. Damit sind die von den Organisationsmitgliedern implizit verwendeten Handlungs- bzw. Alltagstheorien gemeint.

Lassen Sie uns gerne zum Thema Wissensmanagement sprechen:

Projektbeispiel zum Wissensmanagement in der Produktion

Seit 2012 führten wir gemeinsam mit Context Consulting (Gabi Rehberger-Lorenz) ein Projekt zum Wissensmanagement in der Produktion durch. Das langjährig und kontinuierlich angelegte Projekt ist eine Maßnahme, die folgende Aktionsfelder bedient:

  • Wissensmangement in einer alternden Belegschaft
  • Organisationsentwicklung in der Produktion Qualifizierung von Facharbeitern und Facharbeiterinnen
  • Förderung des Teamgedankens über die Schichten hinweg
  • Veränderung des Führungsverhaltens durch Dezentralisierung der Verantwortung und der Informationen
  • Changemanagement
  • Verbesserung und Zusammenführung von Dokumentationen des Betriebsablaufes
  • Beschreibung von Neuanlagen zur Herstellung des Knowhowtransfers

Hierzu ein Interview mit einem Betriebsleiter (Herr Betriebsleiter) und einem Facharbeiter (Herr Facharbeiter):

Frau Interviewerin:

Herr Facharbeiter, Sie haben nun zweimalig an dem Projekt zur Beruflichen Qualifizierung in der Produktion Ihrer Anlage teilgenommen. Sie haben gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen aus vier unterschiedlichen Schichten eine Betriebsanleitung erstellt. Was möchten Sie uns dazu mitteilen?

Herr Facharbeiter:

Wir haben eine Woche zu viert aus vier Schichten eine einheitliche Sichtweise unseres Vorgehens in unserem Betrieb erarbeitet. Es gab zwar vorher auch schon eine Betriebsanleitung, die ist aber stellenweise veraltet oder so dargestellt, dass es ein Mann aus der Praxis schwer verstehen kann. Azubis, neue Mitarbeiter oder Leasingkräfte konnten mit der alten Betriebsanleitung wenig anfangen. Jetzt haben wir eine einheitliche Fassung aus unseren Reihen, die stimmt, aktuell ist und die in unserer Sprache geschrieben ist.

Wir haben bei den Diskussionen mit unserer Moderatorin auch gemerkt, dass vieles, was wir seit Jahrzehnten einfach so machen, zu überdenken ist. Es sind uns viele Ideen gekommen, was wir verbessern sollten. Das haben wir am Ende jeder Woche mit unserem Betriebsleiter und den Schichtführern erörtert und es hat sich schon einiges bewegt in den Abläufen.

Frau Interviewerin:

Herr Betriebsleiter, Sie führen das Projekt zur Beruflichen Qualifizierung in der Produktion Ihrer Anlage nun seit mehr als fünf Jahren. Was bewegt Sie dazu?

 

Herr Betriebsleiter:

Unser Projekt zur Beruflichen Qualifizierung motiviert mich sehr. Die Fachkräfte bei uns kommen gerne zu diesen Wochen. Wir haben eine Warteliste von Interessenten, die das Thema gerne weitertreiben wollen. Das habe ich so bei unseren Facharbeitern noch nicht erlebt.

Für mich ist vor allem entscheidend, dass die Mitarbeiter ihr Wissen an die jüngeren abgeben und die Jüngeren ihre frischen theoretischen Kenntnisse mit den erfahrenen Kräften diskutieren und uns dann Umsetzungsvorschläge machen. Mir ist auch wichtig, dass die Mitarbeiter mehr wissen über die Anlage. Früher hat sich das Wissen eher bei den Schichtführern konzentriert. Heute brauchen wir das Wissen in der Fläche, bei allen Mitarbeitern.

Frau Interviewerin:

Sie werden eine neue Anlage installieren mit gänzlich neuen Apparaten und einem anderen Verfahren. Wie kann ihr Projekt ihnen an der Stelle helfen?

 

Herr Facharbeiter:

Unsere neue Anlage macht uns allen schon jetzt Kopfzerbrechen. Wie wird Sie wohl aussehen? Was haben sich die Ingenieure ausgedacht? Werden wir es schaffen, die Anlage sicher und ohne Reibungsverluste anzufahren? Das macht manchem Kollegen Sorge.

Wir haben uns die Pläne gemeinsam angeschaut und überlegt, wie man diese nur auf dem Papier existierende Anlage fahren könnte und haben unsere Einfälle aufgeschrieben. Unsere Führungskräfte und wir haben uns dann nach einer Woche zusammengesetzt und wir haben die Vorschläge diskutiert. Manchmal haben wir auch das Konzept beeinflusst, weil die Ingenieure bestimmte Anforderungen aus der Praxis nicht kannten.

Auf jeden Fall fühlen wir uns jetzt besser informiert und können auch den Kollegen darstellen, was mit der neuen Anlage auf sie zukommt. Die Kollegen sind froh, dass die Teams sich darum kümmern, eine Anleitung für die Anlage zu haben, bevor sie startet.

Herr Betriebsleiter:

Wegen des großen Erfolgs in meinem Betrieb haben wir auch für das nächste Jahr geplant, dieses Projekt fortzuführen. Ich möchte, dass unser Betrieb vollständig und sehr detailliert beschreiben wird und die Mitarbeiter im Detail wissen was zu tun ist.

Da wir erst vor kurzem zwei Betriebsteile zusammengelegt haben, schaffen wir es mit Workshops, die aus Mitarbeitern beider Betriebsteile zusammengesetzt sind, das Wissen zu harmonisieren. Vorbehalte gegen den anderen Betriebsteil, die andere Schicht lösen sich oft auf, wenn man an einer gemeinsamen Sache arbeitet.

Die Schichtleiter sind in jedem Workshop ein paar Stunden dabei und beantworten die Fragen und Anliegen der Mitarbeiter. Die Moderatorin sorgt dafür, dass die Fragen gebündelt vorliegen und die Mitarbeiter die richtigen Worte finden, damit die Darstellung unserer Abläufe transparent, einfach und in der Sprache der Produktion vorliegen. Die Moderatorin kommt einmal pro Monat, eine Woche lang und wir planen den Einsatz der Schichtmitarbeiter so, dass Zeit da ist, mit vier Personen aus vier Schichten gemischt aus erfahrenen und neuen Mitarbeitern gemeinsam zu arbeiten. Unser Lernklima ist sehr positiv und ich bin zufrieden mit dem, was erarbeitet wird. Ich freue mich, endlich eine Qualifizierungsmaßnahme gefunden zu haben, die mir eine Reihe von Problemen lösen hilft.

 

Frau Interviewerin:

Und was läuft für Sie noch nicht rund? Wo sehen Sie Stolpersteine?

Herr Betriebsleiter:

Stolpersteine sehe ich vor allem darin, dass es nicht so einfach ist, vier Mitarbeiter eine Woche pro Monat rauszunehmen. Aber ich habe festgestellt, dass sich diese Investition für uns alle sehr lohnt. Wirkliche Gegner unseres Projektes haben wir inzwischen nicht mehr: selbst sehr kritische und skeptische Mitarbeiter haben das Nörgeln eingestellt, weil das Resultat stimmt.

Frau Interviewerin:

Vielen Dank für Ihre Zeit und Ihnen weiterhin viel Erfolg!

 

Gerne spreche ich mit Ihnen über Möglichkeiten, Wissensmanagement bei Ihnen zu etablieren:

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